Qualitätsmanagement zum Gesundheitsschutz

Das Bauen mit Holz liegt im Trend. Erfreulicherweise bewegen sich auch Bauqualität, Ausbildungsstand und Lehrlingsquote auf hohem Niveau.

Die aktuellen Lageberichte von Holzbau Deutschland untermauern in Zahlen, dass sich die Verwendung des Rohstoffs Holz lohnt. Eine verstärkte Förderung dieser Bauweise liegt außerdem im Interesse des Umwelt- und Klimaschutzes. Im Zuge dieser Entwicklung steigen die Anforderungen im Qualitätsmanagement bezogen auf den Feuchte- und Gesundheitsschutz wegen

Die Zimmererinnungen und Holzbauverbände haben diese Veränderungen bei aller Euphorie im Blick und reagieren mit folgenden Maßnahmen:

Trotz allen Vorsorgebemühungen bringen diese neuen Herausforderungen auch neue Konflikte mit sich. Fehlt dem Bauwerk eine bestimmte Eigenschaft, die es laut Vertrag oder gemäß den Norm- und Richtwerten für die Materialfeuchte, Pilzbelastungen oder die Innenraumluftqualität einhalten muss, dann besteht ein Werkmangel. Es kommt aber auch oftmals vor, dass zum vermeintlichen Rechtsanspruch der Bauherrschaft wegen fehlerhafter Gutachten keine ausreichenden Beweise vorliegen. Deshalb ist es immer ratsam, solche Ansprüche genau zu prüfen und sich möglichst auf eine außergerichtliche Lösung zu verständigen. Ein vor Gericht verhandelter Konflikt wird erfahrungsgemäß für beide Parteien teuer und langwierig.

Konfliktlösungen verhindern Rechtsstreit vor Gericht

In Konflikt-Fällen gilt es als erstes zu prüfen, ob der Ist-Zustand tatsächlich von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit abweicht. Die Ansichten von Auftraggeber und Bauunternehmen gehen diesbezüglich häufig auseinander.

Im Internet werden zum Thema „Wohngesundheit“ oder „Gesundheitsgefahren durch Schadstoffe und Schimmelpilze“ häufig Fehlinformationen und Halbwissen verbreitet, wodurch bei der Bauherrschaft unbegründete Ängste ausgelöst werden können. Gleichzeitig verusachen überzogene Vorstellungen der Sanierungskosten beim Auftraggeber überhöhte Schadensforderungen. trotz eines erwiesenermaßen harmlosen und geringfügigen Schadensbildes. was dann zur Eskalation des Rechtskonfliktes führt. In solch einer Situation sollten Bauunternehmer nicht nur rechtlichen, sondern auch fachlichen Rat einholen.

Der Fachberater sollte erfahrungsgemäß über folgende 3 Sachkundenachweise verfügen:

  1. Nachweis einer holzbaubezogenen Berufsausbildung oder eines Studiums im Bau- oder Holzbauwesen inkl. Praktika im Holzbau.
  2. Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen zur standardisierten Messtechnik bei Schimmel und Schadstoffen, zu den aktuellen Innenraumrichtwerten und zur Holztrocknung.
  3. Vorlage von Referenzen und Beteiligung an mindestens drei ähnlichen holzbaubezogenen Rechtsfällen.

Teil 1 Konfliktlösungen bei Feuchte-, Pilz- und Schimmelschäden

Was tun, wenn aus Baufeuchte ein Schimmel- oder Pilzbefall wird? Entsteht baufeuchte- oder witterungsbedingt Schimmel- und Pilzwachstum, kann es zu Mängelanzeigen kommen. Dann sind holzbauerprobte Sachverständige und schnelles Handeln gefordert. Ist der Streit unausweichlich, wird die Einberufung von Schlichtungsgesprächen mit allen am Bauprozess Beteiligten empfohlen. Dabei werden einvernehmlich wirkungsvolle Gegenmaßnahmen inklusive Bautrocknung und Pilzbekämpfung festgelegt. Am Ende der Maßnahmen wird eine Kontrollmessung durchgeführt. Noch besser ist es, diese Situationen von vornherein zu vermeiden. Durch kontinuierliche Feuchtekontrollen, rechtzeitige Trocknung und eine wirkungsvolle Pilzbekämpfung während der Bauphase lassen sich Belastungen der Gesundheit sowie Material- und Folgeschäden verhindern.

Holzschutz

Schon in der Rohbauphase können Bauleiter, Bauunternehmen und Zimmererbetriebe Probleme mit Oberflächenverfärbungen durch Pilzbefall bekommen. Auch das Ausbaugewerbe sieht sich zunehmend mit derartigen Schwierigkeiten konfrontiert. Ein reklamationsträchtiger Pilzbewuchs entwickelt sich dann auf eingebautem Holz, Holzwerkstoff-, Weichfaser- und Gipskartonplatten oder Farb- und Putzoberflächen. Zu unterscheiden sind (Innenraum) Schimmelpilze von holzverfärbenden- und holzzerstörenden Pilzen und Schwämmen. Die am Holz oder Holzbohrkern durchgeführte Pilzanalytik muss eindeutig einen echten Hausschwamm von einem Nassfäulepilz unterscheiden. Eine mikroskopische Stranganalyse bringt Klarheit über das Ausmaß des Mycelwachstums. Eine sichere Identifizierung des Schadensausmaßes durch Pilze sind für den Statiker zur Bestimmung der Holzschwächung (Schadensausmaß) und der daraus folgenden statischen Erfordernisse bzw. eines möglichen Rückbaus wichtig. Die weitreichende Bestimmung der Holzfeuchte in allen Materialtiefen und eine fachlich richtige Planung der Holztrocknung sind grundlegend für eine Sanierungsplanung.

Schimmelpilz Leitfaden – Umweltbundesamt

Es ist strittig, ob ein rein oberflächliches Pilzwachstum im Bereich von ein bis zwei Millimetern schon eine Baumangelanzeige wegen fraglicher Holzzerstörung rechtfertigt oder eine Gesundheitsgefährdung vermuten lässt. Vorausgesetzt, es handelt sich um einen Bewuchs durch Pilze, deren Sporen überall in der Umwelt vorhanden sind. Die Sachverständigen urteilen in vielen Fällen sehr unterschiedlich zur möglichen Material- oder Gesundheitsgefährdung durch Pilzbewuchs. Die Grundlagen zu Schimmelpilzen in Innenräumen werden maßgeblich im Leitfaden vom Umweltbundesamt festgelegt und aktualisiert. Grenz- und Richtwerte für die Raumluft gibt es nicht:

„Die gesundheitliche Bewertung von Verunreinigungen der Innenraumluft erfolgt in der Toxikologie und Umweltmedizin üblicherweise mithilfe von gesundheitlich begründeten Grenz-, Richt- oder Leitwerten. Diese Vorge-hensweise ist für Schimmel im Innenraum so nicht anwendbar, da es für Schimmelpilzkonzentrationen in der Innenraumluft, im Hausstaub oder in Materialien keine gesundheitlich begründeten Grenz- oder Richtwerte gibt.“ (1)

Wir empfehlen, vor allem bei Feuchte-, Schimmel- oder Pilzbefall im (Holz) Gebäude gesundheitsbezogene Gutachteraussagen kritisch zu betrachten. Der UBA Leitfaden nimmt hierzu ebenfalls kritisch Stellung:

„Aussagen über die pauschale gesundheitliche Wirkung der nachgewiesenen Schimmelpilze, wie potentiell toxische oder infektiöse Wirkungen, sind nicht sinnvoll und sollten in Gutachten nicht erfolgen, sie führen nur zu einer Verunsicherung der Betroffenen und haben im Prinzip keinen Informationsgehalt für den konkreten Fall.“ (2)

Da in Gutachten oftmals von unbewiesenen Umwelt- oder Gesundheitsgefährdungen oder Holzzerstörungen ausgegangen wird, werden von den beauftragenden Bauherrschaften leider allzu oft ungerechtfertigt hohe Schadensforderungen oder in Einzelfällen sogar der Rückbau von Dachstühlen oder von kompletten Holzhäusern gefordert.

Feuchte-, Pilz- und Schimmelschäden

Durch falsche Schlussfolgerungen kann aus einem lediglich holzverfärbenden Umweltpilz schnell eine vermutete Gefahr werden: Vermeintliche Schimmelexperten schüren Ängste und Bauherren befürchten dann holzzerstörende, bauwerksgefährdende Pilze/Schwämme oder einen gesundheitsschädlichen Schimmelpilzbefall. Aufgrund der mangelnden holzbaubezogenen Bau- und Sachkenntnis einiger Sachverständiger, Juristen und Bauexperten raten wir dringend von einem Gang zum Gericht ab. Zunächst müssen eindeutige, belastbare Ergebnisse zur Pilzspezies und dem Zerstörungsgrad vorliegen, die von akkreditierten und erfahrenen Prüflaboren ermittelt werden müssen.

Bläuepilze

Schnittholz- oder Holzwerkstoffplatten dunkeln im Außenbereich durch die UV-Strahlung nach. Sie werden dunkelbraun bis dunkelschwarz oder dunkelgrau bis silbergrau. Dieser natürliche Prozess stellt keinen Mangel dar.

Bei unzureichend abgeführter Neubaufeuchte können sich auch im Innenbereich Hölzer verfärben. Dies geschieht durch die Entwicklung farbiger Pilze. Sie entstehen auf Holz, Anstrichen oder Werkstoffplatten. Durch Bläue verfärbte Oberflächen sind mangelhaft und ein Zeichen für zu hohe Feuchtigkeit.

Bläuepilze selbst zerstören das Holz nicht und haben auch keinen Einfluss auf seine Festigkeit. Sie sind jedoch ein Indikator dafür, dass sich möglicherweise andere Schimmel und Bakterien ansiedeln. Schädlinge wie Porlinge, Blättlinge oder Schwämme finden hier ebenfalls gute Wachstumsbedingungen vor. Deshalb hat ein schnelles pilzbekämpfendes Eingreifen allerhöchste Priorität.

Schwärzende Pilze

Zur Familie der Dematiaceae zählen beispielsweise die Schimmelpilze der Gattung
Alternaria und Cladosporium. Die umgangssprachliche Bezeichnung „schwärzende Pilze“ rührt daher, dass sich Sporen und Teile der Hyphen braun bis schwarzbraun färben. Dies geschieht durch Bildung von Melanin.

Schwärzende Pilze kommen auf der ganzen Welt vor, die Polargebiete ausgenommen. Sie befinden sich unsichtbar auf neu gelieferten Baumaterialien, Bettbezügen und Teppichen; kommen aber auch auf Nahrungsmitteln, im Bau- und Hausstaub und in der Luft vor.

Gerade schwärzende Pilze verfügen über einen sehr komplexen Stoffwechsel, der es ihnen ermöglicht, schnell und ohne größere Wassermengen eine Vielzahl von Nährstoffen zu verwerten. Es existiert kaum ein organischer Nährstoff, der unter geeigneten Bedingungen nicht von einer oder mehreren Schimmelpilzarten genutzt werden kann.

Dabei erfolgt der Angriff auf das Material einerseits direkt durch Enzyme, die vom Pilz
abgegeben werden. Andererseits wirken Ausscheidungsprodukte des pilzlichen Stoffwechsels zerstörend, die als Endprodukte einer Nährstoffverwertung anfallen.

Der schwärzende Pilz wächst im Neubaubereich meist nur kurzzeitig, da das Feuchtigkeitsangebot begrenzt ist. Er entwickelt sich höchstens ein bis zwei Millimeter in die Materialien hinein und er vermehrt sich wenig sporenverbreitend.

Handelt man rechtzeitig, kann eine Materialzersetzung ausgeschlossen werden. Solche verfärbenden Pilze sind Verunreinigungen. Sie schränken bei einer sachgerechten, pilzwidrigen Bearbeitung und Entsorgung weder die Gesundheit noch die Materialtauglichkeit ein.

Bauphysikalische und raumklimatische Ursachen für mikrobielle Schäden

Nach heutigem Wissensstand entsteht (Neu-)Bauschimmel vermehrt durch überschüssige, unzureichend abgelüftete Restbaufeuchte. Diese entwickelt sich durch das Anmachwasser in Putzen, Mörtel, Beton und Estrichen. Nach Fertigstellung des Rohbaus mit aufgesetztem Dachstuhl und Eindeckung folgen die Ausbauarbeiten. Das geschieht oft sehr schnell und möglicherweise trotz unzureichender Trocknung. Auch Kondensat, also durch Temperaturschwankungen entstehendes Schwitzwasser, kann eine Ursache für oberflächlichen Bauschimmel sein.

Als weitere Ursache kommt die zunehmende Verarbeitung wasserabweisender Materialien infrage. Bleibt es bei einem nur kurzzeitigen Feuchteangebot für einen Pilz, kann er sich nicht weiter ausbreiten. Eine Gesundheitsgefahr und ein Material- oder Baumangel können daher nur dann ausgeschlossen werden, wenn die Verantwortlichen schnell und sachgerecht handeln.

Bestandsaufnahme bei Feuchte-, Pilz- und Schimmelmängeln

Vor allem bei Feuchteschäden im Sockel- und Schwellholzbereich oder innerhalb geschlossener Bauteile ist Zeit ein wesentlicher Faktor. Nach der Bestandsaufnahme müssen zügig Mess- und Trocknungsmaßnahmen erfolgen. Gleichzeitig sind die Pilzbekämpfung und eine Feinstaubbeseitigung durchzuführen.

Sobald Feuchte, Schimmel oder Pilzverfärbungen festgestellt werden, sollten Bauunternehmen deshalb unverzüglich handeln. Signalisieren Sie Verhandlungs- und Gesprächsbereitschaft, wenn sich Konflikte abzeichnen. Ziehen Sie einen neutralen Experten hinzu, der Sie hinsichtlich der Argumentation berät. Dieser sollte, wie anfangs erläutert, zu den Konfliktthemen (Feuchte, Schimmel/Pilze) über Bau-, Rechts- und Sachverständigenerfahrung verfügen und Referenzobjekte vorlegen können. Ziel der Konfliktberatung bei einer Mängelanzeige ist die Deeskalation und eine nachhaltige Lösung des Konflikts mit beidseitig akzeptierten Handlungs- und Sanierungsvorschlägen.

Voraussetzung dafür ist eine umfassende Bestandsaufnahme vorab. Prüfen Sie die Sachlage fachübergreifend. Konkret muss als Erstes geklärt werden, ob die Feuchtemesswerte normen- und regelgerecht ermittelt wurden. Dann folgt die Überprüfung der Gutachten. Geklärt wird auch, ob die Prüfräume vor der Staub-, Raumluft- oder Materialprobenahme korrekt vorbereitet worden sind.

Konfliktlösung am „Runden Tisch“
Bei einem gemeinsamen Gespräch werden anschließend alle Beteiligte auf den gleichen Wissensstand gebracht. Missverständnisse und Ängste werden durch wertungsfreie, sachliche Informationen beseitigt. So entstehen die Voraussetzungen dafür, dass praktikable Lösungsansätze auch seitens der Bauherren akzeptiert werden. Nach der Einigung am runden Tisch müssen planungs- und baubegleitend kostengünstige Lösungen entwickelt werden. Je nach Sachlage muss ein Fremdverschulden unter Einbeziehung von Haftpflichtversicherungen geklärt werden.

Der Konfliktberater wird Vorschläge ausarbeiten, die den Bedürfnissen und Interessen beider Konfliktparteien entsprechen. Je nach Bedarf kooperiert er dazu mit Juristen, weiteren Bausachverständigen und Fachingenieuren.

Der zweite Schritt ist die Umsetzung. Entscheidend ist die kontinuierliche Kommunikation zwischen den Konfliktparteien: Beide Seiten sollten jederzeit über die Planung und Ausführung von schadensbeseitigenden Bau- und Hygienemaßnahmen informiert werden.

Der Konfliktberater begleitet die Umsetzung. Abschließend wird er den Sanierungserfolg messtechnisch belegen. Dazu zieht er unabhängige Sachverständige und akkreditierte Prüfinstitute hinzu.

Hindernisse auf dem Weg zur Streitbeilegung

Erfahrungsgemäß kann ein schnelles Eingreifen Zahlungsverweigerungen und Rechtsstreitigkeiten verhindern. Schwierig wird es nur, wenn von einer Konfliktpartei der mangelbezogene Sanierungsaufwand oder ein Preisnachlass unter- oder übertrieben dargestellt wird. Dann rücken Lösungen in weite Ferne. Deshalb muss in solch einem Fall eine Einigung darüber erzielt werden, ob es sich um einen großen, mittleren oder geringfügigen Mangel handelt. Daran bemessen sich letztlich die zu verhandelnde Schadenshöhe und der Sanierungsaufwand.
Das Bauunternehmen muss darstellen können, dass durch die Maßnahmen der bestellte und mangelfreie Bauwerkszustand hergestellt wird. Im Fall von Feuchteschäden sind ein ausreichender Rückbau, eine schadensfreie Rücktrocknung und ein unbedenklicher mikrobieller und hygienischer Zustand zu garantieren. Für eine mangelfreie Bauabnahme müssen nach den Maßnahmen hygienisch unbedenkliche Schimmel-, Pilz- und Materialfeuchtemesswerte durch Freimessungen erreicht werden.

Es wird empfohlen, dass schon beim Auftreten von erhöhten Holz- und Materialfeuchtewerten neben den Trocknungsmaßnahmen vorsorglich auch pilzbekämpfende Maßnahmen durchgeführt werden, die aber in der Folge für den Menschen und die Umwelt unbedenklich sein sollten. Durch schnelles Handeln und eine normgerechte Bautrocknung und Pilzsanierung können in den meisten Fällen drohende Baumängelanzeigen verhindert werden.

Teil 2 Konfliktlösungen bei Beanstandungen der Innenraumluftqualität

Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt bestimmte Emissionswerte für die Raumluft. Dahinter steht die Absicht, Umwelt und Gesundheit zu schützen. Die Empfehlungen basieren auf dem Grundgesetz und der Landesbauordnung. Bei Ausschreibungen werden mittlerweile Ziel- und Richtwerte im Werkvertrag verankert, die gleich nach der Fertigstellung von Gebäuden abgeprüft werden müssen und nur mit erhöhtem Aufwand einzuhalten sind. Damit werden aus den empfohlenen Richtwerten Grenzwerte, die nach Vertragsunterzeichnung vom Auftragnehmer zwingend einzuhalten sind und nur mit erhöhtem Aufwand sicher unterschritten werden können.
Nicht nur nach der Errichtung von öffentlichen Gebäuden, sondern auch vor Bezug von Privatgebäuden werden immer häufiger diese Raumluftrichtwerte abgeprüft. Nicht nur Richtwertdiskussionen sondern auch Fehlgerüche können Mängelanzeigen wegen eines Schadstoffverdachts auslösen. Daher ist die offene Kommunikation mit der Bauherrschaft bereits in der Anfangsberatung zu empfehlen und schließt die emissionsbezogene Baustoffgüte, eine nutzungsgerechte Lüftungsplanung und eine möglichst emissionsarme Raumausstattung mit ein.

VOC Richtwerte

Kommt es bei Qualitätsüberprüfungen im Zuge der Bauabnahme zu Überschreitungen von VOC-Raumluftrichtwerten, sind unverzüglich Gegenmaßnahmen zu treffen. VOC steht für „Volatile Organic Compounds“, leichtflüchtige organische Verbindungen. Für die Überprüfung der rechtssicheren Beweisgrundlage ist der Einsatz eines lüftungs- und holzbauerfahrenen Sachverständigen unumgänglich, zur Bewertung der typischen Holzemissionen und der Abschätzung der Abklingzeit, um eine mögliche Konfliktlösung ausarbeiten zu können. Seine schnelle Einschätzung ist hilfreich, um wegen möglicherweise nicht normengerecht ermittelter Raumluftuntersuchungen zu intervenieren und ungerechtfertigte Haftungsansprüche auszuschließen.

Der strenge Einzelstoff-RW I ist ein Zielwert. Für die Beurteilung von neuen Gebäuden nach sechs bis zwölf Wochen Standzeit ist er nur im Falle von nachweislich gefährlichen Stoffen wie Benzol und daher nur eingeschränkt anwendbar. Kurz nach der Fertigstellung ist die Überschreitung der RW l für holztypische Emissionen nicht ungewöhnlich.

Aufgrund der abklingenden Emissionswerte nach Baufertigstellung sollten generell weitere Kontrollmessungen durchgeführt werden. Auch Probenahmen gemäß der in der DIN EN 15251 vorgeschlagenen Lüftungsintervalle sind anzuraten: Proben sollten zudem eine Stunde nach dem Lüften genommen werden.

Bei einer Überschreitung von UBA-Richtwerten in der Raumluft spricht das UBA von einer „hygienischen Auffälligkeit“. Sachverständige, Labore, Rechtsanwälte oder Auftraggeber legen das als Indiz für eine Gesundheitsgefährdung aus.

Das UBA äußert sich bei Überschreitungen der Einzelrichtwerte RW l und RW ll uneindeutig; ebenso der Ausschuss für Innenraumrichtwerte. Beide drücken sich unklar über die Möglichkeit einer gesundheitlichen Gefährdung durch Richtwertüberschreitungen aus:

„Richtwert I (RW I – Vorsorge Richtwert) beschreibt die Konzentration eines Stoffes in der Innenraumluft, bei der bei einer Einzelstoffbetrachtung nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch dann keine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwarten ist, wenn ein Mensch diesem Stoff lebenslang ausgesetzt ist. Eine Überschreitung ist allerdings mit einer über das übliche Maß hinausgehenden, unerwünschten Belastung verbunden. Aus Gründen der Vorsorge sollte auch im Konzentrationsbereich zwischen Richtwert I und II gehandelt werden, sei es durch technische und bauliche Maßnahmen am Gebäude (handeln muss in diesem Fall der Gebäudebetreiber) oder durch verändertes Nutzerverhalten.“ (www.umweltbundesamt.de)

Diese unscharfe Formulierung verkompliziert die rechtliche Situation zusätzlich. Konfliktlösende Maßnahmen in solchen Situationen wären beispielsweise verstärktes Lüften oder der verringerte Einsatz emissionsträchtiger Reiniger. Auch verdächtige Raumausstattungen können reduziert werden.

VOC Orientierungswerte im Konfliktfall

Für Holzemissionen existieren auch Empfehlungs- und Orientierungswerte von privaten Organisationen und Messinstituten. Diese resultieren aus statistisch erhobenen Terpen- und Aldehyd-Referenzwerten. Meist stammen die Messdaten aus Prüfungen von Steinhäusern. Für Holzhäuser sind sie daher als Vergleichsgrößen eher ungeeignet und folglich nicht rechtssicher und unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht belastbar.

Demgegenüber können die UBA-Richtwerte im Konfliktfall als eine Rechts- und Anspruchsgrundlage herangezogen werden. Gemäß aktueller Literaturrecherchen existieren noch keine belastbaren Studien, die eine schädliche Wirkung dieser Stoffe belegen, wenn sie luftgetragen im niedrigen Mikrogrammbereich eingeatmet werden. Vorausgesetzt, die Werte bewegen sich unterhalb der Konzentrationsbereiche der Richtwerte ll.

Emissionsüberwachung von Bauprodukten

In Europa gibt es derzeit keine Vorschriften für emissionsbezogene Baustoffzulassungen. Daher dürfen auch deutsche Behörden für die Bauproduktezulassung laut eines EuGH-Urteils keine Verfahren vorschreiben. Die unklare Rechtslage gefährdet die Existenz von Bauunternehmen. Bis zum Erlass einheitlicher Vorschriften empfiehlt es sich deshalb, die bisher gültigen Prüfverfahren auf freiwilliger Basis durchzuführen oder vom Lieferanten einzufordern.

Für die Baustoff- und Raumluftqualität schreiben die Länderbehörden in § 3 (5) der aktuellen Musterbauordnung vor: „Das geforderte Schutzniveau in Bezug auf Sicherheit, Gesundheit“ ist dauerhaft einzuhalten. Jedoch haben weder die EU, noch der nationale Gesetzgeber festgelegt, wie Planer und Bauunternehmen diese Vorgabe umzusetzen haben.

Ein einheitliches Prüfverfahren im Labor ist durch die nationale und europäische Normung für die Prüfung von Baustoffemissionen sichergestellt. Allerdings bestehen ernste Zweifel, dass Holzgebäude, die komplett mit VOC-geprüften Holz- und Holzwerkstoffen errichtet wurden, deshalb auch sicher die vorgeschriebenen Raumluftrichtwerte einhalten können.

Entscheidend sind die unterschiedlichen Klimabedingungen. Denn bei Überprüfung der Raumluftrichtwerte in oftmals unbeschatteten und daher zu warmen und luftdichten Gebäuden kann es im Neubaustadium zur Anreicherung der natürlichen Holzemissionen (Terpene, Aldehyde, Carbonsäuren) in der Raumluft kommen.
Unmittelbar nach der Baufertigstellung sind oftmals die natürlichen Holzgerüche, die vor allem während der Trocknung gebildet werden, noch nicht bis unter die Richtwertmarke abgeklungen. Damit es nicht zu Messwertverfälschungen kommt, müssen diese in der Luft und im Feinstaub angereicherten Holzemissionen ausreichend und mit Überdruck abgelüftet werden. Kurz vor Raumluftmessungen wird deshalb eine (Hepa) Feinstaubreinigung empfohlen.

Vertragsgrundlagen

Falls werkvertraglich vereinbarte Raumluftrichtwerte vorliegen, sind diese vom Auftragsnehmer verbindlich einzuhalten.
Daher ist es für Bauunternehmen ratsam, dass die Einhaltung der strittigen und holzwerkstoffbezogenen Einzelstoff-Richtwerte RW l vom Ausschuss für Innenraumrichtwerte im Umweltbundesamt (AIR) nicht als Messlatte im Werkvertrag akzeptiert werden, sondern die höheren Richtwerte RW ll. Deshalb ist es vor jeder Werkvertragsunterzeichnung ratsam, den Text nach folgenden Kriterien zu überprüfen:

  1. Ist die Einhaltung von RW l für Einzelstoffe gefordert?
  2. Ist ein Summenleitwert LW l oder LW ll gefordert?
  3. Sind Lüftungsanlagen mit normgerechter und ausreichender LWZ (Luftwechselzahl) geplant und kann damit ein ausreichender LW und CO2 Wert erzielt werden?
  4. Sind Emissions- und Qualitätsprüfzeichen für Baustoffe oder Sicherheitsdatenblätter vorzulegen?
  5. Werden bestimmte Inhaltsstoffe oder Baumaterialien ausgeschlossen?
  6. Wer hat wann welche Innenraumuntersuchungen zur Bauabnahme vorzulegen?
  7. Welche Prüfbedingungen, welcher Möblierungszustand und welche Reinigungsmaßnahmen müssen vor der Raumluftmessung eingehalten werden?

Daher ist festzulegen, welche Richtwerte bei der Güteüberwachung zur Bauabnahme einzuhalten sind. Bauunternehmen sollten ihre Bauverträge diesbezüglich kontrollieren und gegebenenfalls anpassen: Es müssen realistische Vereinbarungen darüber getroffen werden, unter welchen Klimabedingungen gemessen werden darf. Um Streitigkeiten zu vermeiden, muss die Abklingrate von natürlichen Holzemissionen berücksichtigt werden. Auch dem Auftraggeber kann nicht daran gelegen sein, durch fehlerhafte Messungen unsichere Messwerte zu erzielen, die im Streitfall juristisch und wissenschaftlich nicht belastbar sind.

Stand der Wissenschaft

Der aktuelle Stand der Wissenschaft verändert sich ständig. Er entsteht aus der Gesamtheit von Forschung, Publikationen und wissenschaftlichem Fachdiskurs (Kongressen, Institutsbeiträgen, Feldforschung und Literatur). Eine einheitliche Position legen Wissenschaftler in Konsensverfahren fest, soweit es Umwelt- und Gesundheitsgefahren betrifft.

Dieser Konsens wird kommuniziert und spielt eine bedeutende Rolle in der Mangelbegründung. Er bildet darüber hinaus die Grundlage für politische und rechtliche Entscheidungen. Im Gegensatz zu unbewiesenen Expertenmeinungen bildet der wissenschaftliche Konsens beweisbare und überprüfbare Erkenntnisse ab.

Für eine gütliche Einigung ist es grundlegend, diesen aktuellen Wissensstand allgemein verständlich darzulegen. So kann die Beurteilung des Ist-Zustands eines strittigen Bauprojekts von Laien nachvollzogen werden. Der glaubwürdige, wissenschaftsbasierte Konsens ist die Basis der Einschätzung.

Der allgemein anerkannte Stand der Technik trägt ebenfalls dazu bei, die Situation korrekt einzuschätzen. Auf diesen Grundlagen kann festgestellt werden, ob tatsächlich ein Mangel aufgrund einer vertragswidrigen Abweichung besteht.

VOCs aus Holz sind geruchsauffällig

Häuser werden immer luftdichter gebaut, Lüftungsgeräte oft eingespart. Folglich werden frisch verarbeitete Baustoffgerüche wegen unzureichender Lüftungstätigkeit geruchlich wahrgenommen. Das führt in Neubauten oder in frisch renovierten Immobilien immer wieder zu Diskussionen und Spekulationen über Fehlgerüche und vermeintlich unerlaubte Baustoffemissionen.

Erinnert man sich an einen Spaziergang im Wald, wird man sich an einen holzartspezifischen Geruch erinnern, der auch in einem Holzhaus merklich wahrnehmbar ist. Nadelwälder duften typischerweise nach Harz; Laubwälder manchmal sauer wegen des Eichenholzes. Laubbäume wie Ahorn, Esche oder Buche riechen eher unauffällig. Bearbeitet man Holz, ist der Geruch für einige Zeit intensiver wahrnehmbar. Baut man Häuser, Dachgeschosse oder Möbel aus Holz, können sich diese Harz- und Säuregerüche in der Raumluft anreichern. Der natürliche Holzgeruch ist häufig sogar erwünscht.

Im Konfliktfall werden in Prozessakten diese durch Holz verursachten natürlichen Geruchsstoffe immer häufiger als gesundheitsgefährdend eingestuft, wenn sie die Richtwert l Marke übersteigen. Dabei haben die Behörden diese Werte lediglich als hygienisch auffällig eingestuft, weshalb der Raumnutzer zu häufigerem Lüften aufgefordert wird, vor allem im Neubauzustand. Eine eindeutige Beweisführung, dass es sich um einen Baumangel oder eine Gesundheitsgefährdung handelt, bleiben Konfliktgegner meist schuldig.

Konfliktauslöser Geruch

Das Geruchsempfinden ist sehr individuell. Daher fällt eine objektive Beurteilung schwer. Wann ist ein Baustoff oder Innenraumgeruch normal oder abnormal, akzeptabel oder inakzeptabel, schwach oder intensiv? Jedes Haus riecht anders. Verschiedene Putze, Farben, Lacke, Kleber, Dämm- und Dichtstoffe werden verarbeitet und folglich entsteht immer ein Geruchsgemisch. Der Geruch lässt sich durch die Auswahl der Produkte, eine Lüftungsplanung und weitere Maßnahmen beeinflussen.

Aktuell sorgen bei richtwertrelevanten Innenraumluftuntersuchungen sogar reine Holzgerüche für Unstimmigkeiten zwischen Experten. Die typischen Aldehyd- und Terpenemissionen stehen im Verdacht, sich negativ auf die Gesundheit auszuwirken. Dieser Umstand kann zu vorschnellen Reklamationen führen. Entscheidend ist, dass Bauunternehmen die Thematik ernstnehmen. Sie sollten darauf vorbereitet sein, auf Geruchsbeanstandungen und Richtwertüberschreitungen bei Kontrollmessungen der Raumluft einzugehen. Der Neubaugeruch lässt bei intensiver Lüftungstätigkeit oft schon nach kurzer Zeit nach. Zudem gibt es heute technische Ausrüstungen, mit denen man Fehlgerüche durch VOCs nachhaltig reduzieren kann.

Wegen ihres natürlichen Geruchs werden harzreiche Holzarten wie Kiefer, Lärche, Douglasie oder Zirbe bei einzelnen öffentlichen Bauvorhaben inzwischen nicht mehr ausgeschrieben. Und das, obwohl Studien vermehrt einen positiven Einfluss der natürlichen Holzgerüche auf die menschliche Gesundheit festgestellt haben. Für eine negative Wirkung gibt es hingegen bisher keine Indizien.

Gerüche und ihr Einfluss auf den Menschen

Geruchsstoffe sind im weitesten Sinne als neuroaktiv anzusehen: Gerüche können Befinden, Verhalten und Leistung beeinflussen. Dabei hat die persönliche Bewertung von Gerüchen wesentliche Bedeutung.

Die etwaige Geruchswirkung hängt von individuellen Erfahrungen ab. Gerüche sind eng mit Informationen, Erinnerungen und Empfindungen verknüpft. Die Reaktion darauf ist daher subjektiv unterschiedlich. Gute oder schlechte Erfahrungen in Verbindung mit einem bestimmten Geruch lösen noch Jahre später dementsprechende Emotionen aus.

Über den sogenannten Nocebo-Effekt können Gerüche einen Einfluss auf das Befinden sensibler Menschen haben. Der Nocebo-Effekt kann eintreten, wenn Bauherren erwarten, dass die natürlichen Holzgerüche die Gesundheit schädigen. Ihre durch entsprechende Informationen entstandene Überzeugung wirkt sich auf körperlicher Ebene negativ aus.

Nerven, Hormone, das Herz-Kreislauf-System und der Verdauungstrakt reagieren auf Angst und Anspannung entsprechend. Obwohl der Geruch selbst keine schädlichen Auswirkungen hat, bewirkt er durch den Nocebo-Effekt Symptome bei den Betroffenen.
Insbesondere Menschen mit Geruchsstörungen oder Erkrankungen des Geruchssinns könnten durch Fehleinschätzungen eines natürlichen Holzgeruchs einen Rechtsstreit auslösen.

Werbeversprechen „Wohngesundheit“

Die WHO definiert die Gesundheit als „einen Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens“. Das Versprechen von Firmen, „wohngesunde“ Baustoffe zu liefern und „gesund“ zu bauen, löst bei vielen Verbrauchern ein Gefühl der Sicherheit aus.

Kommt es aufgrund undefinierbarer Neubaugerüche zum Streit, kann diese Überzeugung ins Gegenteil umschlagen. Das kann für ein Bauunternehmen bedeuten, dass ihm möglicherweise eine Täuschungsabsicht mit dem Ziel der Umsatzsteigerung unterstellt wird.
Aussagen zur Gesundheitsverträglichkeit bleiben Behörden und der medizinischen Wissenschaft vorbehalten. Zudem ist das Versprechen, „allergikergeeignet“ bauen zu können heikel. Selbst einem Mediziner wird es schwerfallen, einem Allergiker mit Sicherheit eine Baustoffverträglichkeit zu garantieren. Auf solche Werbeversprechen sollte deshalb vorsorglich verzichtet werden.

VOC Messmethodik

Liegen erhöhte Emissionsprüfwerte vor, sollten normgerechte Zweitmessungen in den betreffenden Räumen, aber unter standardisierten Raumklimabedingungen vereinbart werden. Falls die Messwerte nicht in einem tolerablen Bereich liegen müssen, gemäß den behördlichen Empfehlungen, Maßnahmen ergriffen werden.

Holzexperten sind sich darin einig, dass meist bauchemische und raumklimatische Sekundäreffekte für erhöhte Holzemissionswerte verantwortlich sind. Weniger das Holz selbst. Für eine Schlussbeurteilung sind immer mehrere zeitversetzte Raumluftmessungen nötig. Nur so können Probenahmefehler des Messtechnikers oder Messfehler im Labor ausgeschlossen werden. Dazu sind die Räume normgerecht vorzubereiten und die Klima- und Probenahmeprotokolle müssen lückenlos geführt werden

Standardisierte Kontrollmessungen zur Konfliktvermeidung

Nach Einführung der Energieeinsparverordnung müssen Häuser heute luftdicht gebaut werden. Dadurch geht der natürliche Luftaustausch bei normalem Wetter gegen Null. Luftanteile wie CO2, Ozon, Peroxide, Stickoxide, Lösemittel und Raumluftsäuren treten damit vermehrt auf. Sie können in modernen Wohnungen leicht durch unzureichenden Frischluftwechsel entstehen. Es besteht daher Forschungsbedarf bezüglich der raumklimaverschlechternden Eigenschaften dieser Luftanteile.

Durch unsachgemäß betriebene Lüftungsanlagen oder zu geringe Fensterlüftung sinkt der Sauerstoffgehalt in der Raumluft. Terpene und Aldehyde können bei frei verfügbarer Frischluft leicht abgebaut werden. Fehlt jedoch reaktionsfähiger Sauerstoff, wird der natürliche Abbau verlangsamt.

Darüber hinaus gibt es Indizien dafür, dass sich bei extremen Klimabedingungen freie Luftradikale wie Peroxide oder Ozon bilden können. Sie bewirken, ähnlich wie Lösungsmittel, eine erhöhte Auslösung von holzeigenen Terpenen und Aldehyden. Vor einer Kontrollmessung in modernen, luftdicht gebauten Innenräumen muss zweierlei sichergestellt werden:

  1. Messtechniker erstellen vor dem Messtermin eine Messraumplanung (gem. DIN ISO 16000).
  2. Die normgerechten Lüftungsvorgaben müssen eingehalten werden (gem. Lüftungsnormen).
  3. Messräume sind zu beschatten.
  4. Standardisierte Raumklimawerte (CO2, Luftfeuchte, Temperatur gem. DIN EN 15251) müssen vor Messungen eingestellt und kontrolliert werden.
  5. Emissionsträchtige Bau- und Reinigungsarbeiten müssen vor dem Messtermin rechtzeitig abgeschlossen sein.

Ansonsten lassen sich keine rechtssicheren Messdaten ermitteln.

Fazit

Konflikte entstehen, wenn die Vertragspartner unterschiedliche Vorstellungen von der Bauwerks- oder Raumluftbeschaffenheit haben. Im Konfliktfall fordert dann die Bauherrschaft schon kurz nach Baufertigstellung die Unterschreitung der nur schwer einzuhaltenden Einzelstoffrichtwerte (RW l). Diese betreffen ebenso die natürlichen Emissionen aus Holz. Im Werkvertrag sind daher unmissverständliche und erreichbare Zielwerte und Prüfvorgaben zu vereinbaren.
Die fortwährende Information und Kommunikation in allen Bauphasen ist zudem ausschlaggebend für den Erhalt des Baufriedens. Insbesondere dann, wenn es zu Unstimmigkeiten zum Thema „Wohngesundheit“ kommt, ist es erforderlich, unverzüglich Holzbaufachleute der Innungen, der Holzbauverbände und der Gütegemeinschaften zu kontaktieren. Sie unterstützen beim Ergreifen geeigneter Gegenmaßnahmen.
Fachbegriffe in Werbemitteln müssen rechtssicher verwendet werden. Versprechungen wie „garantiert formaldehyd- und schadstofffrei“, „wohngesund“ oder „allergikergeeignet“ streichen Sie besser.

Ausblick

Planer und Bauunternehmer sehen sich mit einer zunehmenden Zahl immer komplexer werdender Normen und Produktinformationen konfrontiert. Es ist anzuraten, dass Auftraggeber, Architekten und Unternehmer sich mit emissionsbezogenen Produktdaten beschäftigen.

Die Bauwirtschaft kann nicht davon ausgehen, dass sich die aktuell geltenden Richtwerte l für die Innenraumluft in naher Zukunft ändern. Deshalb sollten Qualitätsziele im Werkvertrag klar und eindeutig definiert werden. Es empfiehlt sich, raumluftbezogene Qualitätsziele schon in der Erstberatung anzusprechen. Da es mehr oder weniger stark emittierende Baustoffe gibt, muss neben der Baustoffauswahl auch die Lüftungsplanung entsprechend gegenübergestellt werden.

Die Ursache für Feuchte- und Emissionsmängel liegt bereits in der Planung und damit auch im Verantwortungsbereich des Planers. Auch Auftraggeber tragen Verantwortung, wenn sie Entscheidungen treffen. Aus Kostengründen auf eine bestimmte Baustoffqualität oder Lüftungsanlagen zu verzichten, zahlt sich langfristig nicht aus.

In energieeffizienten, luftdicht gebauten Räumen droht generell ein Frischluftmangel. Der Bauherrschaft sollte eine hygienebezogene Lüftungs- und Gebrauchsanleitung ausgehändigt und erklärt werden. Selbst mit Lüftungsanlagen sind raumluftbezogene Qualitätsziele nur bei sachgemäßer Handhabung erreichbar.

Bei Kontrollmessungen muss eine Kontamination der Raumluft vermieden werden. Dazu zählen Emissionen von Reinigern, Farb-, Lack-, Kleb- und Dichtstoffen. Auch eine zu hohe Bau- und Materialfeuchte kann Messergebnisse verfälschen.

Raumklimabezogene und bauprozessbegleitende Qualitätskontrollen können mithilfe von Eigen- und Fremdüberwachungen realisiert werden. Gleichzeitig sollten entsprechende Ausbildungsinhalte während der Berufsschul- und Hochschulausbildung eingeführt werden.

Autor: Karl-Heinz Weinisch
Co-Autor: Dipl.-Ing. Waldemar Bothe


Bildquelle: Titelbild von Karl-Heinz Weinisch

Quellen:
(1) Leitfaden zur „Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ Umweltbundesamt Nov. 2017, S. 110
(2) Leitfaden zur „Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ Umweltbundesamt Nov. 2017, S. 120