Wissenschaftler befassten sich ausgiebig mit möglichen Gesundheitsfolgen durch Holzinhaltsstoffe. Die Tier- und zellexperimentellen Untersuchungen bestärken bisherige Erkenntnisse, dass raumübliche Konzentrationen an Holzemissionen für den Menschen ungefährlich sind.
Die messbaren Holzinhaltsstoffe sorgen für den typischen angenehmen Geruch des Naturmaterials, bei niedrigen Konzentrationen wurden sogar Hinweise auf gesundheitsfördernde Wirkungen gefunden. Die Forschungsvorhaben Gesundholz und HolnRaLu entlasten den Baustoff Holz.
Die Studien geben Hoffnung für eine ausgewogenere Betrachtung der natürlichen Holzemissionen. Die Interpretation und Verwendung der Richtwerte bzgl. Holz sollte in Werkverträgen verändert werden.
Gesundholz
Ziel des Forschungsvorhabens war die gesundheitliche Bewertung von Emissionen aus Holz und Holzprodukten in Innenräumen mittels experimenteller toxikologischer Untersuchungen und humanbasierter Beobachtungen.
Das Projekt unterteilt sich in 4 Teilvorhaben:
- Projektkoordination und humantoxikologische Untersuchungen.
- Charakterisierung und Bewertung chemosensorischer Effekte von Leitsubstanzen der Emissionen.
- Untersuchungen allergischer und entzündlicher Effekte im Tiermodell.
- Untersuchung von Holzprodukten sowie Bereitstellung der holztechnologischen Expertise.
- Untersuchungen zum Einfluss auf das atopische Ekzem im Tiermodell.
Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht über die wichtigsten Erkenntnisse in Kurzform:
- Holz ist ein Naturprodukt mit den dazugehörigen Schwankungen in den Emissionen.
- Die spezifischen Eigenschaften von Holz und Holzprodukten erschweren eine abschließende Bewertung, was auch die Literaturstudie im Rahmen des Verbundvorhabens dokumentiert.
- Bereits nach wenigen Tagen sanken VOC-Konzentrationen der Holzprodukte und zeigten die zeitliche Dynamik.
- Die in vivo-Studien mit Allergen-sensibilisierten Tieren zeigten keine eindeutig unerwünschten Effekte, sogar bei „worst-case“-Szenarien mit zum Teil hygienisch bedenklichen bzw. inakzeptablen Konzentrationen an TVOCs.
- Es ergaben sich bei niedrigen Konzentrationen auch Hinweise auf eine symptomverbessernde Wirkung durch Emissionen aus OSB auf die atopische Dermatitis und dem allergischen Asthma.
- Die Evidenz aus Humanstudien von gesundheitlichen Effekten durch Emissionen aus Holz und Holzprodukten im Innenraum ist nach wie vor unzureichend.
- Es ergeben sich Zweifel, ob vor dem Hintergrund der vielfältigen anderen Belastungsfaktoren, denen der Mensch täglich im Innenraum ausgesetzt ist (Feinstaub, Schimmel, VOCs, etc.), Emissionen aus Holz und Holzprodukten einen relevanten, gesundheitsschädigenden Beitrag leisten.
HolnRaLu
Ziel des Forschungsvorhabens war die Erarbeitung eines objektiven Verfahrens unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Holz und Holzwerkstoffen bei der Bewertung ihres Einflusses auf die Innenraumluftqualität.
Das Projekt unterteilt sich in
- Teilvorhaben 1: Untersuchungen unter realen Raumluftbedingungen
- Teilvorhaben 2: Vergleich von Untersuchungen in unterschiedlichen Prüfkammern
Hinweis: zu dem Teilvorhaben 2 liegt der Bericht zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung noch nicht vor.
Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht über die wichtigsten Erkenntnisse in Kurzform:
- Die VOC – Emissionen aus Holz- / Holzwerkstoffen nehmen in der Konzentration mit der Zeit ab, jedoch hat die Außentemperatur einen deutlichen Einfluss (VOC im Frühling / Sommer höher als im Herbst / Winter. Sogar im tageszeitlichen Verlauf gab es Korrelationen).
- Bei einer Erhöhung der Luftwechselrate von 0 h -1auf 0,5 h -1 sind die VOC-Konzentrationen deutlich geringer. Beim Vergleich des Einflusses der Luftwechselraten von 0,5 h -1 zu 1 h -1 zeigte sich hingegen keine so starke Verringerung der VOC - Konzentrationen.
- Eine Ableitung der mittleren Raumluftkonzentration aus den Baustoffemissionen scheint für alle VOC unter Annahme eines gleichen Szenarios nicht möglich.
- Prinzipiell ist eine Emissionsprüfung und -bewertung von Bauprodukten sinnvoll und hilfreich. Allerdings lässt der derzeitige Kenntnisstand nicht den Schluss zu, dass allein dieses Konzept für die Entscheidungsfindung dienen kann, ob ein Produkt im Sinne der Europäischen Bauproduktenverordnung einsatzfähig ist. Die ausschließliche Betrachtung der Produktemissionen kann nicht über die sichere Verwendbarkeit entscheiden.
- Die Stoffe bzw. Stoffgruppen (v. a. Terpene, Aldehyde und Säuren) sollten im Bezug zu ihrer Interaktion mit anderen Baustoffen individuell (und insbesondere nicht als TVOC) bewertet werden. Denn es zeigte sich sehr deutlich, dass die Stoffe in der Wechselwirkung mit den verschiedenen Materialien und auch durch den Temperatureinfluss sehr unterschiedlich auf die Raumluftqualität wirken können.
- Aufgrund der Tatsache, dass die Konzentrationsunterschiede um ein Vielfaches abweichen können, muss dies insbesondere bei einer Bewertung im Kontext des Innenraumluftkonzepts (RW II bzw. RW I) des Ausschusses für Innenraum-Richtwerte (AIR) berücksichtigt werden. Da diese Richtwerte mitunter streng interpretiert und ausgelegt werden, ist es von besonderer Bedeutung, zu definieren unter welchen Bedingungen diese Werte eingehalten werden sollen.
- In Ausschreibungen von Baumaßnahmen, in denen Raumluftkonzentrationen gefordert werden, sollte berücksichtigt sein, dass Baumaterialien aus Holz für einen bestimmten Zeitraum flüchtige organische Verbindungen emittieren. In der Regel reduzieren sich diese in überschaubaren Zeiträumen. Wenige Wochen nach Fertigstellung werden dennoch häufig die berücksichtigten Ziel- oder Richtwerte überschritten. Hier wäre eine konzeptionelle Betrachtung zielführender, die sowohl die Produktemissionen und Materialkombinationen als auch die klimatischen Rahmenbedingungen einschließlich des Lüftungskonzeptes sowie die Nutzungsdauer des Gebäudes berücksichtigt.
Erkenntnisse für die Praxis / Aussichten
Sowohl im Werkvertrag als auch in der praktischen Umsetzung der Raumluftmessung sollten die Besonderheiten für Holz berücksichtigt werden, d.h. die Außentemperaturen und der zeitliche Bezug. Nach unserer Erfahrung ist auch die Luftfeuchtigkeit und die Beschattung (Radikalbildung hinter Glasscheiben) sowie eine Zwischenreinigung der Baustellen-Stäube wichtig. Die komplette Checkliste und Vorlage für Verträge können Sie nachfolgend einsehen, s.a. holz-und-raumluft.de/blog/vorlage-fuer-werkvertraege-gesundheitsshutz-gemaess-mvv-tb-lbo
Bei der Produktauswahl bestätigt sich die bisherige Annahme, dass Emissionsprüfungen allein keine Garantie für eine zu bestehende Raumluftmessung sind, s.a. „Kann Natur denn schädlich sein?“
Empfehlung: Emissionsprüfungen nach der aktuellen DIN 16516, jedoch nur als Orientierung und nicht als ausschließlicher Entscheidungsfaktor.
Um ein Gefühl als Bauunternehmer dafür zu erhalten, in welchem Emissionsbereichen sich ihr Gebäude befindet, ist es sinnvoll Test-Raumluftmessungen durchzuführen. Für den Fall von vertraglich vereinbarten Richtwerten lässt sich so einschätzen, ob Vertragsklauseln realistisch oder utopisch sind und ob es ggf. noch etwas zu verbessern gibt.
Die toxikologischen Erkenntnisse zeigen auch, dass die Evidenz aus Humanstudien von gesundheitlichen Effekten durch Emissionen aus Holz und Holzprodukten im Innenraum nach wie vor unzureichend sind, d.h. die Richtwerte sind zu diskutieren.
Zusätzlich ist es sinnvoll weitere Forschungsarbeiten zu initiieren wie z.B. die folgenden Vorschläge aus dem Vorhaben Gesundholz:
- Bestätigung der tierexperimentellen Ergebnisse aus dem Verbundvorhaben durch Wiederholungsexperimente.
- Untersuchung synergistischer/antagonistischer Wirkungen (in vitro/ex vivo/in vivo) von holztypischen VOCs (z.B. der der einzelnen mono- und bicyclischen Monoterpene) in Emissionen aus Holz und OSB.
- Nachweis einer gesundheitsfördernden Wirkung von Innenraum-relevanten Konzentrationen an VOCs, die typischerweise aus Holz emittieren.
- Um weitere Erkenntnisse zu gesundheitlichen Effekten von Emissionen aus Holz und Holzprodukten zu gewinnen, wird eine epidemiologische Studie mit einer statistisch ausreichend großen Anzahl von Holzhäusern und deren Bewohnern gegenüber geeigneten Kontrollhäusern und deren Bewohnern sowie den entsprechenden Innenraumluft- und klinischen Untersuchungen vorgeschlagen.
Autoren: Karl-Heinz Weinisch, Dipl.-Ing. Waldemar Bothe
Quellen
Bildquelle: Titelbild von Waldemar Bothe
Studien:
- Richard Gminski, Manuel Garcia-Käufer, Janina Kroes, Christoph van Thriel, Katja Butter, Martin Ohlmeyer, Tobias Polte, Evelyn Schneider, Francesca Alessandrini; Schlussbericht zum Verbundvorhaben: Gesundheitliche Bewertung von Emissionen aus Holz- und Holzprodukten in Innenräumen mittels experimenteller toxikologischer Untersuchungen; Akronym: GesundHolz; 10/2019
- Martin Ohlmeyer, Friederike Mennicke, Saskia Poth; Erarbeiten eines objektiven Verfahrens unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Holz und Holzwerkstoffen bei der Bewertung ihres Einflusses auf die Innenraumluftqualität (HoInRaLu), TV 1: Untersuchungen unter realen Raumluftbedingungen; Johann Heinrich von Thünen-Institut, Braunschweig; 12/2019