Aktuell herrscht viel Verunsicherung an dem Markt bzgl. dem QNG - Verfahren und der Umsetzung in der Praxis. Der nachfolgende Artikel beleuchtet die Grundlagen, die Materialanforderungen und die Raumluftmessungen – insbesondere für den Holzbau.

Was ist das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG)?

QNG ist ein staatliches Gütesiegel für Gebäude. Dieses dient als Nachweis für die Förderung in der Nachhaltigkeitsklasse (NH) im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).

Beim Nachhaltigkeitssiegel gibt es zwei Anforderungsniveaus:

Auf dem Immobilienmarkt könnte sich das QNG-Siegel als zusätzlicher Faktor für die Bestimmung des Marktwerts etablieren.

Wichtig: Grundvoraussetzung für die Verleihung des QNG ist eine Zertifizierung mit einem registrierten Bewertungssystem für nachhaltiges Bauen. Die Bewertung erfolgt dabei entsprechend den Systemregeln der Bewertungssysteme:

Je nachdem, ob es sich um ein Wohngebäude oder Nichtwohngebäude handelt, gibt es unterschiedliche Steckbriefe mit teils umfangreichen Anforderungen.

Zertifizierungssysteme zum Nachhaltigen Bauen je nach geplanter Gebäudeart. Änderung: Ab 0101.2023 können über BNK/BNG-Verfahren alle Wohnraumgrößen QNG-zertifiziert werden.

Welche QNG-Anforderungen gelten für Holz- und Holzwerkstoffe ?

Eine wesentliche Forderung ist der Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtshaft:

  1. QNG-Plus: „mindestens 70 % der neu eingebauten Hölzer, Holzprodukte und / oder Holzwerkstoffe [stammen] nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft.“
  2. QNG-Premium: mindestens 85 % der neu eingebauten Hölzer, Holzprodukte und / oder Holzwerkstoffe [stammen] nachweislich aus nachhaltiger Forstwirtschaft.“

Nachhaltige Forstwirtschaft: PEFC, FSC oder vergleichbare Zertifikate oder Einzelnachweise gem. Kriterien des PEFC, FSC-Siegels

Zusätzlich gelten die Anforderungen aus dem Anhang 313 – Schadstoffvermeidung in Baumaterialien, s. a. qng.info/service

Es können sich weitere Anforderungen aus den Steckbriefen der zu erfüllenden Nachhaltigkeitszertifizierungen wie DGNB, BNB ergeben.

Erforderliche Materialnachweise beim QNG Prozess

Für die Material-Risikostoffprüfung gibt es den QNG-Anforderungskatalog für Baumaterialien mit Anwendungsregeln, deren Prüfung für ein ganzes Gebäude umfangreich sein kann. Orientierung für Planer und Nachhaltigkeitsberater gibt es in der WECOBIS / baubook Datenbank.

Für die Erlangung des QNG wurden konkrete Anforderungen an einzelne Bauprodukte formuliert. Um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen, ist für das QNG­ PLUS die Einhaltung dieser Anforderungen von den ausführenden Firmen zu bestätigen. QNG ­PREMIUM erfordert eine genaue Dokumentation der verwendeten Baustoffe und bietet somit zusätzlich eine höhere Transparenz und Vorteile für Sanierung und Rückbau.

QNG Plus:

  1. Liste der beteiligten Firmen mit Angabe der Leistungsbereiche
  2. Vertragsauszüge und/oder Qualitätssicherungsvereinbarungen
  3. Firmenerklärungen und/oder Auszüge aus Abnahmeprotokollen

QNG Premium:

  1. Tabellarische Aufführung aller neu eingebauten Materialien und Produkte, für die Anforderungen bestehen, mit allen für die Bewertung erforderlichen Angaben.
  2. Unterlagen neu eingebauter Materialien und Produkte zum Nachweis der Einhaltung der Anforderungen (technische Datenblätter, Sicherheitsdatenblätter, Nachhaltigkeitsdatenblätter und/oder Herstellererklärungen)

Es gibt Zertifikate wie „QNG Ready“ des Sentinel Haus Institut GmbH, die die Einhaltung der QNG-Anforderungen bestätigen. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hat sich von diesen und ähnlichen Zertifikaten / Datenbanken distanziert (1), da es daran nicht beteiligt ist und sich keine Garantie für das Einhalten der aktuell gültigen Anforderungen ergibt. Die QNG-Anforderungen unterliegen Änderungen.
Wir empfehlen sich immer die Einhaltung durch den Hersteller bestätigen zu lassen.

Raum(klima)luftmessung durch das QNG?

Messungen der Raumklima- und Raumluftqualität sind beim QNG-Verfahren nicht direkt vorgeschrieben, werden aber oft vom Auftraggeber und gemäß dem anhängenden Prüfverfahren (DGNB / NaWoh / BNK-BNG / BNB) bei der Bauabnahme als Erfolgskontrolle gefordert.

In der Planungsphase kann durch die Auswahl geruchs- und emissionsarmer Bauprodukte bereits die Grundlage für Innenräume mit niedrigen Immissionen an flüchtigen organischen Verbindungen (VOC), Formaldehyd und geruchsaktiven Stoffen geschaffen werden. Durch bauphysikalisch einwandfreie und fugenfreie Konstruktionen wird die Grundlage zur Vermeidung von Kondensatfeuchte und folglich von mikrobiellen Verunreinigungen wie Schimmelpilzbefall geschaffen. Eine wesentliche Steuerungsmöglichkeit zur Reduzierung des Kohlendioxidgehalts und anderer Stoffe während der Nutzung ist ein ausreichender Luftwechsel.

Für die Beurteilung der Innenraumluftqualität werden die folgenden Teilkriterien herangezogen: Flüchtige organische Verbindungen (VOC), Formaldehyd und Kohlendioxidgehalt. Um eine möglichst hohe Punktezahl zu erreichen, müssen je nach angestrebter Qualitätsstufe bestimmte Richtwerte eingehalten werden.

Eine Empfehlungsliste für Messraumvorbereitungen gibt es unter: holz-und-raumluft.de/blog/vorlage-werkvertrag-pruefung-der-raumklima-und-raumluftqualitaet. Darin wird beschrieben, wie Bauleiter vorsorglich mögliche Messwert verfälschende Gebäude-, Klima- und Messbedingungen und folglich Rechtsprobleme vermeiden können.

Sowohl chemisch produzierte Baustoffe als auch solche aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Holzwerkstoffe, Hanf, Flachs, Zellulose oder Stroh geben natürlicherweise Gerüche, d. h. Ausdünstungen ab, für die es hygienebezogene behördliche Leit- und Richtwerte gibt. Bei Raumluftanalysen, die mit normgerechten Messraumvorbereitungen und unter sensorüberwachten Raumklimabedingungen durchgeführt werden, sind erfahrungsgemäß keine Zielwertüberschreitungen zu erwarten. Anders sieht es aus, wenn Raumluftmessungen beispielsweise bei fehlender Beschattung oder während und kurz nach der Durchführung von emissionsträchtigen Restarbeiten wie Malern, Verkleben, Reinigen oder Abdichten stattfinden.

Tipps für relevante Parameter vor VOC-Raumluftmessungen

Vor jeder VOC-Raumluftmessung sollte daher eine Überprüfung der vorgeschriebenen Schall-, Kohlendioxid- und Klimawerte mithilfe von Sensor-Handmessgeräten durchgeführt werden.

Zusammenfassung und Aussichten

Die umwelt- und gesundheitsbezogenen Qualitätsanforderungen an die Bauprodukte und an eine gute Raum(klima)luftqualität steigen kontinuierlich. Produktinformationen wie Materialtransparenz, eine gute Ökobilanz und ein optimaler Gesundheitsschutz werden für Bauwillige immer wichtiger.
Weitere Materialinformationen wie eine vollständige Inhaltsstoffliste fehlen beim QNG-Verfahren, was für Allergiker von Interesse wäre. Die QNG-Ökobilanzierung (ökobaudat Datenpool) bietet beispielsweise für Wandfarben noch keine differenzierte Einstufungsmöglichkeit für unterschiedliche Wandfarbentypen. Daher hat der Nachhaltigkeitsberater kein ökologisches Entscheidungskriterium zwischen einer klimafreundlicheren Naturharz-Wandfarbe und einer klimaschädlicheren Kunstharz-Wandfarbe. Da aber bei der QNG-Risikostoffprüfung solche Wandfarben ausgewählt werden, die eine Emissionsprüfung wie den «Blauen Engel» (DE-ZU 102) vorweisen können, werden kleine Naturharzfarben-Anbieter trotz einer besseren Ökobilanzierung kaum vorgeschlagen, weil sie sich die Emissionsprüfung nicht leisten können. Zudem ist es bedauerlich, dass bei den meisten Umweltprüfzeichen für Dispersions-Wandfarben die klimaschonende bzw. klimaschädigende Rohstoffherkunft als Bewertungskriterium noch fehlt. Ebenso werden beim QNG-Bewertungssystem die Raumklimaeigenschaften durch Oberflächenmaterialien, die pilzhemmende (z. B. Kalk, Silikat) oder feuchteadaptive Vorteile (z. B. Kalk, Silikat, Naturholz- oder Naturharzoberflächen, Lehm) aufweisen, noch nicht berücksichtigt.

Die QNG-Zertifizierung ist grundsätzlich ein Wettbewerbsvorteil für Gebäude aus Holz und ein wichtiges Marketinginstrument bezogen auf den Umwelt- und Klimaschutz. Qualitätsüberwachte Holzgebäude mit optimalen Klima- und (VOC)Raumluftwerten gewinnen zunehmend nicht nur das Interesse der Kapitalanleger und Bauwilligen, sondern das positive Wohngefühl überzeugt auch die Raumnutzer, was in vielen Studien (2) bestätigt werden konnte. Es ist folgerichtig, wenn man wegen den anstehenden Klimaschutzmaßnahmen den Holzbau fördert. Um so verwunderlicher erscheinen einem dann die unverhältnismäßig strengen VOC-Zielwerte zum natürlichen «Holzgeruch» im DGNB/BNB Zertifizierungsverfahren. Der Waldgeruch ist gesundheitsförderlich, was viele Studien belegen. Forscher wollten daher wissen, ob natürliche Emissionen aus Holz ein raumlufthygienisches Problem darstellen. Diese entlastenden wissenschaftlichen Studien zur Unbedenklichkeit der Terpenemissionen aus Nadelholz (3) sollten für ein rasches Umdenken und eine Anhebung der Raumluftrichtwerte für natürliche Emissionen sorgen.

Vor allem bei Schul- und Wohnbauprojekten werden die QNG-Qualitätsnachweise und KfW Fördermittel immer wichtiger und daher muss der innerbetriebliche Aufwand schon bei einer Angebotskalkulation als weiterer Kostenfaktor berücksichtigt werden. Bauunternehmen sind daher gut beraten, wenn sie die umweltbezogenen Produktinformationen schon bei der Baustoffbestellung vom Lieferanten anfordern und archivieren. Auf den zusätzlichen Kosten- und Planungsaufwand für eine Raumluft-Kontrollmessung bei der Bauabnahme sollten sich Planer und Bauunternehmen zukünftig einstellen.

Die rechtzeitige Beauftragung eines Nachhaltigkeitsberaters durch die Bauherrschaft für die Auswahl des zutreffenden QNG/KfW-Förderverfahrens und die Archivierung der erhobenen Baustoffdaten verhindert Bau- und Zeitstress bei der Werkplanung oder bei der Bauabnahme. Die beim QNG vorgegebene Abgabe- und Aufbewahrungspflicht für umweltbezogene Produktinformationen obliegt dem Bauunternehmen und die Bauherrschaft reicht die nötigen Formulare zusammen mit dem Architekten und/oder dem Nachhaltigkeitsberater bei den Zertifizierungsstellen zur Genehmigung und für die KfW-Bank ein. Die Nachhaltigkeitsberater sind vorerst die „Schwachstelle“, denn das aktuelle Angebot kann die Nachfrage noch nicht hinreichend bedienen. Das Gleiche trifft auf die Zertifizierungsstellen zu, denn zusätzliche Kapazitäten im Bereich der Konformitätsprüfung müssen erst aufgebaut werden.

Ein Kalkulationsproblem ist aktuell noch die Unkenntnis über den nötigen Zeitaufwand für das QNG-Verfahren. Es herrscht selbst unter den Insidern noch große Unsicherheit über den Prüf- und Arbeitsumfang, die Vertrags- und Haftungsproblematik oder die Datenplausibilität bei der Risikostoffprüfung. Zudem wird sich dieser Mehraufwand sicherlich nicht kostensenkend auf die gesamten Baukosten auswirken. Eine weitere Unsicherheit besteht hinsichtlich der Erteilung des Zertifikats am Ende des Bauvorhabens, denn hier besteht ein Rechts- und Haftungsproblem, falls die Fördervoraussetzungen für den Kreditvertrag nicht erreicht wurden. Besteht hier auch für Planer, Nachhaltigkeitsberater, Handwerksfirmen oder Generalübernehmer ein Haftungsrisiko und wie kann man es reduzieren?

Diese Förderprogramme bieten eine Chance für Bauprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen wie Holz, Stroh, Flachs, Hanf oder Schilf. Auch mineralische Lehmprodukte sind wegen ihrer guten Materialökologie im Kommen. Stoffverbote müssen berücksichtigt werden und Stoffgemische werden zukünftig durch die Risikostoffprüfung überwacht und bei einer Raumluftprüfung werden auch die Emissionen aus Naturbaustoffen bewertet. Gemäß unseren Erfahrungen können alle Raumluft(klima)-Zielwerte (z. B. beim BNB-Verfahren) nahezu sicher eingehalten werden, wenn eine emissionsreduzierte Produktauswahl, ein ausreichendes Lüftungskonzept und die Einhaltung einer strukturierten Messraumvorbereitung eingeplant werden.

Das QNG-Anforderungen unterliegen immer wieder Änderungen. Bitte beachten Sie die aktuellen Informationen auf den offiziellen Webseiten wie qng.info

Autoren: Karl-Heinz Weinisch, Dipl.-Ing. (FH) Waldemar Bothe


Bildquellen: Karl-Heinz Weinisch, Waldemar Bothe

Quellen
(1) Link: https://www.qng.info/distanzierung-vom-qng-ready-zertifikat-der-sentinel-haus-institut-gmbh/, abgerufen am 20.07.2023
(2) HOMERA Studienübersicht – Gesundheitliche Interaktion von Holz – Mensch – Raum, Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion, Ingenieurfakultät Bau Geo Umwelt, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, Lehrstuhl für Holzwissenschaft, Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt, Prof. Dr. Klaus Richter, 2017 - https://www.holz-und-raumluft.de/forschung
(3) Verbundvorhaben (FSP-Emissionen): Gesundheitliche Bewertung von Emissionen aus Holz und Holzprodukten in Innenräumen mittels experimenteller toxikologischer Untersuchungen und human basierter Beobachtungen - https://www.holz-und-raumluft.de/forschung