Fremdstoffe in der Raumluft
Seit Gebäude immer besser gedämmt sind und weniger Luftwechsel stattfindet, richtet sich der Blick vermehrt auf die Qualität der Innenraumluft. Neben der Luftmenge, Temperatur und Luftfeuchtigkeit beeinflusst eine Vielzahl an Fremdstoffen die Qualität der Raumluft. Doch ab welcher Konzentration gilt ein Stoff in der Raumluft als "schädlich" und welche Auswirkungen haben Fremdstoffe auf die Behaglichkeit und das Wohlbefinden der Bewohner?
Die Fremdstoffe lassen sich in vier Gruppen einteilen.
1. Organische Stoffe
Zum Beispiel Weichmacher, Flammschutzmittel, Lösungsmittel oder chlororganische Verbindungen.
Die organischen Stoffe werden nach ihren Siedepunkten klassifiziert. Je niedriger der Siedepunkt, desto eher verflüchtigt sich dieser Stoff. Eine wichtige, organische Stoffgruppe sind die TVOC (Total Volatile Organic Compounds = Gesamtgehalt der flüchtigen organischen Verbindungen).
Hierfür werden folgende Leitwerte vom Umweltbundesamt vorgeschlagen:
2. Partikel / Feinstäube
Zum Beispiel: Asbest, künstliche Mineralfasern, Tabakrauch oder Tonerstaub.
Als Feinstaub werden kleine luftgetragene Partikel bezeichnet. Die festen Teilchen können aus anorganischen (z.B. Salze, Metalle, Ruß) und organischen Substanzen (z.B. Viren, Sporen, Pollen, Fasern) bestehen. Flüssige Partikel liegen in Tröpfchenform vor.
Das Gefährdungspotenzial dieser Stäube entsteht grundsätzlich durch die chemische Zusammensetzung sowie Größe und Form der Teilchen, von der abhängt, wie tief sie in den Atemtrakt gelangen können. Zudem bewirkt die hohe spezifische Oberfläche der Partikel ein großes Adsorptionspotenzial für gasförmige Spurenstoffe. Speziell die schwerflüchtigen Schadstoffe reichern sich gerne an den Feinstaubpartikeln an und verschärfen deren Gefährlichkeit.
Feinstäube können aus einer Vielzahl von verschiedenen Bauprodukten freigesetzt werden.
Folgender Leitwert gilt für Feinstaub:
3. Anorganische Stoffe
Zum Beispiel: Kohlendioxid, Kohlenmonoxid, Stickoxide, Metalle oder Radon.
Jeder Mensch produziert Kohlendioxid, aber auch Baustoffe können es verursachen.
Das Umweltbundesamt hat hierzu Leitwerte veröffentlicht:
In einigen Regionen ist das radioaktive Radon zu beachten, siehe hierzu die Radonkarte von Deutschland. Radon ist farb-, geruchs- und geschmacklos und lässt sich nur mit Messtechnik ermitteln. Die Europäische Kommission Euratom empfiehlt die maximale Radonkonzentration in Innenräumen bis zum 6. Februar 2018 in nationales Recht umzusetzen. Diese Grenzwerte gelten ab dann im Jahresschnitt als zulässiger Höchstwert. Bei Verkauf oder Vermietung von Wohnungen muss dieser Wert auch auf Verlangen vom Mieter oder Käufer eingehalten werden.
Jahresdurchschnittswert durch EU Euratom-Norm max. 300 Bq/m³.
Eingreifrichtwert: 400 Bq/m³ gilt für Gebäude, die vor 1996 gebaut wurden.
Planungsrichtwert: 200 Bq/m³ gilt für Gebäude, die nach 1996 gebaut wurden.
Die Strahlenschutzkommission hat in ihrer Stellungnahme vom 14. Juli 2004 eine statistische Signifikanz des zusätzlichen Lungenkrebsrisikos durch Radon ab 150 Bq/m³ festgestellt.
AIR / UBA und WHO Empfehlungswert: 100 Bq/m³.
4. Biologische Belastungen
Zum Beispiel: Pilze (Schimmel) und Bakterien.
Pilze und Bakterien brauchen Feuchtigkeit um zu wachsen. In der Raumluft fallen Sie durch flüchtige Verbindungen (MVOC), Gerüche sowie Sporen- und Keimbelastungen auf.
Wechselwirkungen der Fremdstoffe
In der Raumluft befindet sich eine Vielzahl chemischer Verbindungen aus den unterschiedlichsten Quellen, die dem Innenraum zu- und abgeführt werden. Diese können mit sich selbst oder anderen Verbindungen reagieren, wodurch neue Stoffe entstehen. Es ist möglich, dass sich dabei Substanzen bilden, die reaktiver oder irritativer sind als ihre Vorläufersubstanzen.
Wichtige Einflussfaktoren für die Raumluftqualität
Temperatur
Je höher die Temperatur, desto höher die Emissionen oder Gerüche. Dies ist wichtig bei Raumluft-Messungen, um Ergebnisse richtig zu interpretieren.
Temperaturdifferenzen können zur Kondensatbildung führen und diese wiederum zur Bakterien- und Schimmelbildung. Ursachen sind Wärmebrücken, Verarbeitungs- und Planungsfehler.
In Kombination mit Feuchtigkeit bewirken hohe Temperaturen ein schnelleres Wachstum von Bakterien und Schimmel.
Optimale Raumlufttemperaturen: 19 - 24 °C (abhängig von der Nutzung)
Feuchtigkeit
Ist die Feuchtigkeit < 30% (rel.) kann es zu Reizungen der Augen und Luftwege kommen.
Ist die Feuchtigkeit > 60% (rel.) steigt das Risiko von Bakterien- und Schimmelwachstum und es kann zu chemischen Wechselwirkungen kommen.
Optimale Raumluftfeuchtigkeit (rel.): 40 - 60% (abhängig von der Nutzung)
Sonne
Die Sonneneinstrahlung beeinflusst maßgeblich die Temperaturentwicklung und -verteilung im Haus, siehe auch Faktor Temperatur.
Praktische Erfahrungen mit photochemischen Reaktionen hinter Glasscheiben deuten auf die Bildung von reaktiven Verbindungen (wie etwa Ozon) hin. Die Sonneneinstrahlung beeinflusst also auch die Emissionen. Was genau passiert, ist derzeit aufgrund der vielen möglichen Luft-Verunreinigungen nicht vollständig aufzuklären.
Empfehlung: Beschattung ist bei der Planung, Sanierung und bei Raumluftmessungen zu berücksichtigen.
Wichtige Normen zur Raumluftqualität
DIN EN 16798-1
Energetische Bewertung von Gebäuden - Lüftung von Gebäuden - Teil 1: Eingangsparameter für das Innenraumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden bezüglich Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik.
DIN 1946 Teil 1 - 7
Raumlufttechnik – Raumluftechnische Anlagen und Vorgaben zur Lüftung.
DIN EN ISO 16000 – Teil 1 - 36
Innenraumluftverunreinigungen – Probenahmestrategien und Prüfvorgaben.
Die Normen sind erhältlich bei www.beuth.de
Bildquellen: Titelbild von plus+ bauplanung / Cornelia Suhan